Es gibt sie, die Phasen, die Episoden der Hilflosigkeit.
Es gibt sie in jedem Leben und Du kannst sie für Dich nutzen lernen, ihren Sinn für Dich erkennen. Du kannst erkennen, was sie für Dich notwendig gemacht hat.

Hilflosigkeit ist die Erfahrung, nichts tun zu können, absolut nichts.
Es ist
in Dir die Erfahrung, dass etwas getan werden müsste oder hätte getan werden müssen, aber Du kannst nichts tun, Du kannst das Blatt nicht wenden.
Du stehst hilflos da, unfähig etwas zu tun, ausgebremst.
Das Geschehen nimmt seinen Lauf, nimmt Dich mit.

Dann kommt die Angst,
die Angst vor dem Kontrollverlust, die Angst, den Boden zu verlieren.
Irgendetwas hättest Du doch tun können müssen, etwas bemerken müssen!
Deine Gedanken arbeiten
auf Hochtouren, um der Situation zu entkommen.
Du
suchst nach dem Fehler, Du machst Dir Vorwürfe.
Sich schuldig zu fühlen, ist immer noch besser, als
die Hilflosigkeit zu ertragen.
Das Schuldgefühl ruft nach Selbstbestrafung, nach besser machen, nach sich mehr anstrengen.
Dann kannst Du wenigstens etwas tun,
kannst wieder handeln!
Du flüchtest aus der Hilflosigkeit.
Du flüchtest in Kontrollierbares, in die Erfahrung Deiner Wirksamkeit.

Oder Du suchst die Schuld bei den Anderen. Das geht auch.
Dann kannst Du ihnen Vorwürfe machen. Dann kannst Du wütend werden und Recht haben und darüber aktiv sein. Hauptsache Du kannst der Hilflosigkeit entfliehen.

Oder begegnet Dir die Hilflosigkeit immer wieder im Außen, bei anderen Menschen und Du fühlst Dich durch sie dazu aufgerufen etwas zu tun? Ständig und immer etwas zu tun, immer für andere da zu sein?

Wenn Hilflosigkeit ein Thema in Deinem Leben ist, dann hast Du irgendwann in ferner Vorzeit begonnen, zu helfen, dann hast Du damals begonnen, für andere stark zu sein.

Deine Stärke wurde wichtig, für Dich und für andere.
Du wurdest wichtig.
Du hast Dein Leben in die Waagschale geworfen, zu Gunsten
anderer.
Vielleicht zu Gunsten eines Elternteiles, das nur um deinetwillen am Leben blieb, das sich am Ende sah, weil es keine Hilfe fand,
kein Miteinander. Das aus Dir die Kraft zog, um weiter zu machen, trotz allem.
Vielleicht auch einfach nur, weil niemand für Dich Zeit hatte, für Dich und Deine inneren Bedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit.
Weil so viel anderes wichtiger war als Du.
Deine Stärke half Dir
damals zu leben, Deine Hilfsbereitschaft, und sie half anderen.

Und je älter Du wirst, um so häufiger begegnen Dir nun die Situationen der Hilfslosigkeit.
Je öfter Du flüchtest, um so näher kommen sie Dir.
Die Erfahrung der Hilflosigkeit will in Dir erlöst werden.
Sie will Dir etwas nahe bringen, das vergessen wurde.
Sie will Dir das Miteinander im Mitgefühl nahe bringen.

Du hast einzusehen, dass Deine Stärke Dir nicht hilft, dass Du nicht helfen kannst, dass Du schon alles getan hast, was zu tun war.
Erkenne, dass nichts
anderes von Dir gefordert wird, als Deine Gegenwart, als Dein einfaches mitfühlendes da sein.
Dein
da sein reicht dafür aus, dass der Andere sich nicht alleingelassen fühlt.
Dein
da sein reicht dafür aus, dass er sich wieder finden kann, dass er Ruhe finden kann und den Trost Deiner Anwesenheit in seinem Schmerz.
Das Miteinander im Mitgefühl reicht aus, um neue Wege zu finden.
Es gibt nichts für Dich zu tun, nicht jetzt.
Es gibt einzig etwas anzunehmen, Deine Hilflosigkeit und die Not des Anderen
oder auch Deine eigene Not.

Denn Deine Hilflosigkeit und die Not des Anderen haben eine gemeinsame Wurzel. Sie entspringen beide dem Nicht-Angenommenen.
Sie entspringen einem nicht angenommenen Hilferuf und einer nicht angenommenen Hilfe. Sie entspringen einem nicht angenommenen Miteinander. Sie entspringen persönlichen Wichtigkeiten, die das Mitgefühl für einander unterbunden haben, in Deiner Vergangenheit und in seiner Vergangenheit.

Nimm also die Erfahrung der Hilflosigkeit an, ertrage sie, erdulde sie.
Sie wird Dich hellhörig für das Miteinander machen.
Sie wird Dich Nachhause führen.
Sie wird Dich Deiner Wichtigkeit berauben und Trennungen überwinden.
Sie wird Dich mit Deinem alten Schmerz des Alleingelassen-worden-Seins in Kontakt bringen und Dich zu Dir finden lassen.
Wenn Du sie erdulden kannst, wirst Du Dich wieder als Teil eines Ganzen erkennen können, als Teil des Göttlichen, heimgekommen, angekommen, von der Trennung befreit.
Sita Hahn

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