In der westlichen Welt leben wir vielfach und oft schon seit mehreren Generationen mit der Abwesenheit von Vätern. Viele sind in den Kriegen gestorben oder körperlich und emotional tief beeinträchtigt aus diesen zurückgekehrt. Andere haben wegen Arbeit und Brot ihre Familien für lange Zeiträume verlassen oder wurden auch zu Wochenend-Vätern.
Die Anzahl der zertrennten Familien wächst stetig an. Viele Kinder werden allein von ihren Müttern groß gezogen. Es ist ein trauriges Zeichen unserer Gegenwart, in welcher sich der innere Familienzusammenhalt mehr und mehr auflöst.
Aber selbst wenn die Väter körperlich anwesend sind und die Familie nach dem äußeren Anschein intakt zu sein scheint, können sie für ein Kind trotzdem zugleich energetisch abwesend sein. Dies tritt ein, wenn sie nicht von Anfang an, schon in der Schwangerschaft zu ihrem Kind einen väterlichen Bezug aufbauen. Viele Väter fühlen/ fühlten sich dem Schwangerschaftsgeschehen gegenüber sehr hilflos und nehmen erst sehr spät einen inneren Kontakt zu ihrem Kind auf.
Die werdenden Väter wissen oft nicht wirklich, was Vater-sein bedeutet.
Vielleicht weil ihr eigener Vater im Zuge der Geschichte nicht für sie verfügbar war und sie sich nie mit diesem erfahrenen Mangel auseinandergesetzt haben. Ihnen fehlt das väterliche Vatervorbild. Als Erwachsene suchen sie dann für sich in einer Frau nach der ein Heim gebenden Mutter oder nach der den männlichen Selbstwert steigernden Geliebten, nicht nach der gleichgestellten Partnerin, mit der sie sich gemeinsam den Kindern zuwenden. Diese Art des gleichgestellten Miteinanders zwischen Mann und Frau haben sie selbst aus den verschiedensten Hintergründen heraus nicht erlebt.
Die Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer männlichen Rolle werden dann überwiegend im beruflichen Bereich, im Einkommen oder auch in besonders männlichen Hobbys gesucht. Ihre Kinder bleiben für sie emotional, wie kleine Satelliten, deren Müttern und ihrer Verantwortlichkeit zugeordnet. Solche Väter fühlen sich nicht für das Gefühlsleben der Kinder verantwortlich, fühlen sich eventuell dem eigenen Gefühlsleben nicht gewachsen, und wenden sich ihnen vor allem dann zu, wenn es gerade ins Bild passt. So kann ein Kind vom Vater allein gelassen sein, obwohl dieser körperlich durchaus anwesend ist.
Die Abwesenheit der Väter hinterlässt Spuren, Spuren, die oft schwer zu entdecken oder zu benennen sind.
Der innere väterliche Beitrag fehlt. Eine materielle Versorgung kann diesen nicht ersetzen. Auch das Gleichgewicht zwischen Mutter und Vater fehlt. Die inneren Bezüge entwickeln sich einseitig.
Solch emotionaler Mangel wird schon während der Schwangerschaft für das Kind wirksam.
Eine werdende Mutter braucht Beistand.
Sie braucht das Gefühl, sich auf den Partner ganz und gar verlassen zu können. Sie braucht die Sicherheit, dass er bei ihr sein wird, dass er gemeinsam mit ihr tragen wird, dass er stark genug sein wird, um ihre Belastung auf allen Ebenen mit tragen zu können. Findet sie keinen Beistand, hat sie das Gefühl, ihr Kind vor der Welt schützen zu müssen. Sie kann es nur unter Schwierigkeiten in die Welt entlassen und bewegt sich immer am Rande der Belastungsgrenze. Am schlimmsten ist es, wenn sie gar glaubt, ihr Kind vor dem Vater schützen zu müssen.
Das Kind wiederum braucht für sich das Gefühl, dass die Mutter sicher ist.
Sonst darf es sie nie belasten, darf es nichts brauchen. Das Kind braucht zum Aufwachsen, zur Erlangung der inneren Sicherheit beides, den väterlichen Beistand und die mütterliche Trost-Bereitschaft. Es braucht das Gefühl, dass ein Stärkerer hinter ihm steht, um sich in die Welt zu trauen, um das Abenteuer zu wagen, um selbst zu erstarken.
Empfindet es diesen Beistand nicht, beginnt es, um die Anerkennung des Vaters zu kämpfen, um die Anerkennung als sein Kind, dem Beistand zusteht.
Ein Kind, dem die Erfahrung von Beistand fehlt, muss erwachsen werden lange bevor es erwachsen sein kann.
Fehlt es der Mutter an Beistand, wird das Kind früh glauben, ihr diesen Beistand seinerseits geben zu müssen. Es wird bei ihr keinen Trost suchen, auch wenn es ihn brauchen sollte. Es wird glauben, stark sein zu müssen, immer.
Warst Du ein solches Kind?
Dann stehst Du im inneren Konflikt zwischen dem Stark-sein-müssen und Deinem Bedürfnis, selbst Beistand zu erfahren.
Du wünschst Dir die Anerkennung Deiner Anstrengungen und dass sie endlich jemand mit Dir teilt.
Du wünschst Dir, das irgendwann endlich mal jemand neben Dir steht oder hinter Dir, dass Du etwas von Deiner Last abgeben kannst.
Aber wenn Du in die Welt trittst, zeigst Du vor allem Deine Stärke, viel mehr, als Du wirklich hast. Du stehst anderen bei und Du wünschst Dir dafür Liebe und ein Ankommen.
Menschen, die Beistand brauchen ziehen Dich magisch an und wenn Du ihnen geholfen hast zu erstarken, ziehen sie wieder von dannen.
Was kannst Du tun?
Der erste Schritt liegt in der Erkenntnis des Geschehens und dieses ist gewisslich zu betrauern. Du musst Abschied von der unbewussten Suche nach dem väterlichen Vater nehmen. Das mag mehrerer Abschnitte bedürfen.
Der zweite Schritt liegt darin, dass Du vor Dir selbst Dein Bedürfnis nach Beistand anerkennst. Das bedeutet, einen Abschied von dem Glauben, stark sein zu müssen. Erst dann kannst Du dazu in der Lage sein, einen Beistand durch andere in Deinem Leben zuzulassen und auch danach zu fragen.
Der dritte Schritt liegt darin, Dir Deine eigenen Sicherheiten aufzubauen, Deinen Selbstzweifel zu überwinden. Dazu wird es notwendig sein, verschiedene Erfahrungen für Dein Leben nachzuholen.
Wenn Du magst, stehe ich Dir dabei gerne bei und untersuche Deine Geburtskonstellation darauf, welche das speziell bei Dir sind.
Ich wünsche Dir von Herzen alles Liebe für Dein Leben
Sita
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Hallo Sita
erstmal tausend Dank für deine Beiträge !!! in allen Beiträgen die du veröffentlichst finde ich mich wieder und deine Beiträge helfen mir sehr etwas klarer zusehen.Würde sehr gerne mir von dir helfen lassen,leider kann ich mir es finanziell nicht leisten und wohne weit weg in Göttingen.
Vielen Dank und liebe Grüsse Yildiz
Die Entfernung wäre kein Problem, liebe Yildiz, da ich auch telefonisch arbeite.
Auf jeden Fall freue ich mich, dass Dir auch meine Texte schon weiterhelfen! Dafür sind sie gedacht.
Alles Liebe
Sita
Ich danke dir für diese tollen erklärenden Worte. Das lässt mich viel fühlen und damit auch verstehen. Super erklärt. Vielen herzlichen Dank dafür.
Liebe Sita,
genau wie in demletzten Beitrag fuehle ich mich.
Wenn ich dich telefonisch ein Gesprach suche mit dir, wie hoch ist dein Ausgleich und wie lange planst du dafür ein?
Liebe Grüße
Liebe Birgit, schaue einfach auf der Seite Beratung nach. Dort erfährst Du alles ausführlich.
Ganz lieben Gruß
Sita
Liebe Sita !
Ich finde es schon erstaunlich wie sehr Deine Texte , täglich genau auf meine momentane Situation oder Gedanken passen.
Bei mir ist mein Vater zwar anwesend gewesen und auch glücklicherweise noch hier , unser Verhältnis ist aber sehr sehr schwierig gewesen , auch durch das Verhältnis zu seinen Vater geprägt.
Anerkennung oder zuwendung habe ich leider nicht erfahren , leider eher das Gegenteil.
Deshalb suche ich natürlich sehr , wie Du beschrieben hast bei anderen Anerkennung .
Die ich mir selbst nicht geben kann , leider .
Leider , deshalb weil mein umgang mit mir selbst nicht der beste und erfüllendste ist .
Fühle mich als wenn ich auf der Suche nach eben genau der fehlenden Anerkennung von einer in die nächste Katastrophe rutsche , ist nicht sehr beruhigend .
Deine Texte bringen mich immer zum Staunen wie sehr Sie immer passen .
Dafür möchte ich mich sehr bei Dir bedanken , und ich hoffe ich kann Dir hiermit ein kleines bißchen Deiner Kraft zurückgeben .
Lieben Dank Frank
Danke, lieber Frank!
Aus dem, was Du schreibst, vermute ich, dass Du eine Entscheidungsproblematik hast, denn Selbstanerkennung bedarf einer Entscheidung für sich selbst.
Da gibtg es gewiss einen Weg hinaus.
Alles Liebe für Dich
Sita
Liebe Sita ,
von meinem Vater kann ich ja nicht sprechen .Ich nenne ihn immer ,meinen Erzeuger . Du weißt ja , meine Mutter gab mich nach 4 Wochen zur Adoption frei . Der Mann von dem sie schwanger war hat vielleicht nie erfahren , dass er Vater wurde . Mit anderthalb Jahren kam ich zu meinen Adoptiveltern .Nun hatte ich einen Vater und eine Mutter . Ich kann mich nicht erinnern ,von ihnen in irgendeiner Weise Trost bekommen zu haben . Ich saß immer „zwischen 2 Stühlen“ ,wenn es Streit gab ….zu wem hälst du ,wurde ich gefragt .Vielleicht hat mich das alles geprägt ,mich stark gemacht? Kürzlich hatte ich einen Fahrradunfall .Alle waren sehr besorgt um mich ,viele haben es zum Ausdruck gebracht .Ich kann da gar nicht gut mit umgehen ,ziehe mich dann lieber zurück und mache das mit mir alleine aus . Nach Hilfe kann ich fragen und auch annehmen ,aber wenn ich es möchte .
Ich lerne so langsam ,dass ich nicht immer stark sein muss.
Danke für deine hilfreichen Texte ,manchmal muss ich sie mehrfach lesen ,um sie zu verstehen 😉
Liebe Grüße
Edelgard
Liebe Edelgard, geprägt hat Dich das mit Sicherheit. Aber die Stärke, die Du aufbauen musstest, wird gewisslich auch ihre Schattenseiten haben. Sie ist nicht umsonst, sondern hat Dich auch einiges gekostet. Vielleicht kannst Du Dir auch darüber klar werden, dass Deine Stärke auch immer ein Umfeld der Schwäche braucht.
Schade, dass meine Texte doch schwieriger zu verstehen sind. Wahrscheinlich liegt es an dem ungewohnten Standpunkt, aus dem heraus ich schreibe.
Alles Liebe für Dich, Edelgard!
Sita
Schon von klein auf sehnte ich mich nach der Liebe meiner Mutter auch heute noch. sehne mich nach halt… vermutlich habe ich dies auch in meinem Partner gesucht und wurde nur benutzt. Ich sehne mich manchmal sehr nach ankommen
. Halt… Geborgenheit… mir tut es weh auch für meine Kids die heute ohne Vater sind.
Das kann ich sehr gut verstehen, liebe Silke.
Wahrscheinlich glaubst Du, etwas leisten zu müssen, um das erhalten zu können und ziehst die dazu passenden Partner an.
Machen sie das telefonisch auch
Ja
Liebe Sita,
Danke für deine Erklärung. Passt bei uns leider genau. Ich bin die Mutter. Ich bin gegangen, bin im selbstentwicklungs- Prozess sehr stark geworden..zu stark für meinen Mann. Nun Leben die Kinder im Wechselmodell(daran lässt sich nichts ändern,da sie es so wollen und es wäre auch Ok,wenn es klappen würde) und meine Tochter (16,5) erlebt ihren emotional abwesenden Vater immer heftiger. Sie lädt alles bei mir ab,aber ich darf nicht tätig sein- sie traut sich nicht mit ihm zu reden oder zu mir umzuziehen. Sie hat seit einem halben Jahr eine Depression und auch wenn du schreibst,es ist schlimm,wenn Mütter ihre Kinder vor den Vätern schützen. .Ich habe einen sehr starken Impuls es zu tun. Ich weiss wie einsam man sich neben ihn fühlt, wie selbstverzweifelt..Ich bin wahnsin ambivalent- lasse ich sie ihren Weg gehen und in ihre eigenen Stärke reifen oder greife ich ein und schütze Sie?
Vielen Dank
Veronika
Liebe Veronika, wir alle müssen lernen, anderen Menschen und auch unseren Kindern nicht ihre Verantwortung zu entziehen. Freue Dich über das Vertrauen Deiner Tochter zu Dir, aber halte Dich deshalb nicht unbedingt für die Lösung der Problematik verantwortlich. Du kannst Deine Tochter dann schützen, wenn sie damit einverstanden ist. Du müsstest es also mit ihr besprechen. Ansonsten solltest Du ihr natürlich immer unterstützend in ihrer Bearbeitung zur Seite stehen. Wichtig dabei wäre, dass Du Deine Erfahrungen nicht auf sie überträgst. Es müsste Dir also gelingen, im Kontakt mit ihr Deine eigene Geschichte mit ihrem Vater möglichst außen vor zu lassen. Möglicherweise wäre es klug von außen Hilfe zu beanspruchen, um ein gemeinsames Gespräch aller Beteiligten im Sinne Deiner Tochter möglich zu machen.
Von Herzen alles Liebe
Sita
Liebe Sita, ich lese deine Texte so gerne. Ich fühle mich immer angesprochen und habe mit denen immer das Gefühl, eine gute Hilfe an meiner Seite zu haben.
Zu diesem Artikel frage ich mich… wann gab es denn jemal eine Zeit, in der die Väter eine emotional stabilisierende Rolle gespielt haben?
Ist es nicht so, dass die entweder in erschöpfenden Tätigkeiten gefangen waren, in Kriegen, in der Männerrolle generell gefangen, die es nicht zuliess, sich emotional zugewandt zu zeigen?
Liebe Grüße
Jana
Ja, liebe Jana, es gab gewiss noch keine Zeit, in der Väter allgemein anwesend waren, aber nichts desto trotz gab es gewiß in allen Zeiten mit Sicherheit auch anwesende Väter. Und es gab auch Zeiten und Völker, in welchen die Bedeutsamkeit von Kindern für uns alle weit aus präsenter war. Es gab auch schon Volksgemeinschaften, die stärker mit der Natur und ihren Grundlagen eins waren.
Mit diesem Artikel möchte ich vor allem bewusst machen, was die Abwesenheit von Vätern bewirkt, damit wir besser damit umzugehen lernen können.
Alles Liebe für Dich
Sita
Liebe Sita, ich lese regelmäßig deine Beiträge. Ich finde deine Sichtweise der Dinge sehr inspirierend und ich nehme viele deiner Impulse mit in den Tag hinein.
Ich bin immer wieder fasziniert wie klar du die Dinge beim Namen nennst, das hilft mir sehr, um immer wieder neue Erkenntnisse dadurch zu bekommen.
Herzlichen Dank ♡
Das freut mich sehr, liebe Ramona!